Das Thema dieses Beitrags wurde zufällig ermittelt (mehr dazu hier).
Heute: Karl Schmaltz
Die Erfindung des Grieben- bzw. Grammelschmalzes bescherte Karl Schmaltz (geboren 1919 in Schmalkalden) seinerzeit Ruhm und Anerkennung. Die Vorwürfe, er sei Mitte der 50ger Jahre der Strippenzieher des berüchtigten süddeutschen Schmalz-Kartells gewesen, konnten jedoch nie ganz ausgeräumt werden. Berühmte Personen und ihre Schattenseiten, das ist auch das Thema eines Pläuschchens zweier mittelalter Herren (nennen wir sie „Georg“ und „Karl“), die bereits in diesem Beitrag zu Wort kamen.
Georg: Du, ich habe neulich meine ganzen Michael-Jackson-Platten bei Ebay verscherbelt. Das war ungemein befreiend, wer will schon Musik von einem Pädophilen daheim im Regal rumstehen haben?
Karl: Alter, wie bist du denn unterwegs?! Würdest du auch kein Griebenschmalz mehr essen, nur weil Karl Schmaltz mal in irgendwelche krummen Geschichten verwickelt war?
Georg: Mooooment, es wurde nie bewiesen, dass Karl Schmaltz bei diesem Schmalz-Kartell dabei war. Und selbst wenn: den Markt für ein kulinarisches Nischenprodukt wie Griebenschmalz zu manipulieren ist ja etwas anderes, als sich systematisch an Kindern zu vergehen.
Karl: Und wo verläuft dann bei dir die Grenze? Ab welchem Vergehen verzichtest du auf bzw. trennst du dich von Erzeugnissen eines mutmaßlich schlechten Menschen, um das mal ganz platt zu formulieren? Körperverletzung, Erpressung, schwerer Diebstahl, Mord?
Georg: Gute Frage… Beim Thema „Kunst“ wird ja immer die Frage gestellt, ob man einen Künstler und sein Werk trennen kann. Darauf gibt es meiner Meinung nach keine allgemeingültige Antwort. Das hängt von der Gehirnleistung jedes einzelnen Rezipienten ab. Viele Leute schaffen es vermutlich, beides getrennt zu betrachten. Ich tue mich da schwer. Hätte Michael Jackson z. B. einem Journalisten mit einem Gummi-Dildo eine Beule verpasst, müsste ich, wenn ich einen Michael-Jackson-Song höre, vermutlich immer mit einem Schmunzeln an diese originelle Form der Körperverletzung denken. Der Gummi-Dildo wäre also in meinem Hirn untrennbar mit Michael Jacksons Werk verknüpft. Da er aber eben nicht mit Sexspielzeug geschlagen sondern sich offenbar an Kindern vergangen hat, kann ich kein Michael-Jackson-Lied mehr hören, ohne dass dabei bestimmte unschöne Bilder in meinem Kopf entstehen. Das ist echt abturnend, drum vermeide ich den Kontakt mit seinen Songs.
Karl: Wärst du dafür, dass z. B. im sog. Rundfunk keine Michael-Jackson-Songs mehr gespielt werden?
Georg: Ach, i wo! Generelle Verbote, wie der von dir genannte Rundfunk-Boykott, sind Quatsch. Es sollte jedem selber überlassen bleiben, ob er sich das Lied anhört oder ob er schnell den Sender wechselt. So viel Zutrauen in den Konsumenten sollte man schon haben.
Karl: Soso, die Bürde der kognitiven Dissonanzreduktion bzw. die des Senderwechsels bleibt dann wieder am armen Endverbraucher hängen. Ich finde, Personen des öffentlichen Interesses sollten ganz besonders darauf achten, sich an Recht und Gesetz zu halten. Und wenn sie doch mal dagegen verstoßen, dann sollten sie zumindest dafür Sorge tragen, dass das nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Promis haben ja auch eine Verantwortung ihren Fans gegenüber. Sie sind ja auch Vorbilder!
Georg: Aber Prominente sind ja auch in erster Linie Menschen, und für Menschen gilt das Strafgesetzbuch. Das ist ja u. a. dazu da, Menschen davon abzuhalten, Recht und Gesetz zu brechen.
Karl: Es müssen ja auch nicht unbedingt illegale Dinge sein, die ein Prominenter nicht machen soll. Manchmal sind es ganz legale Handlungen oder Äußerungen, die die interessierte Öffentlichkeit verstören. Das passiert meistens dann, wenn eine berühmte Person ihr natürliches Habitat verlässt.
Georg: Ähm… was?
Karl: Naja, z. B. wenn dein Lieblingssänger auf einmal im Dschungelcamp mitmacht. Oder wenn er ein Interview gibt und was Blödes sagt. Ich hab neulich ein Interview mit dem Schauspieler Lars Eidinger gesehen. Der Interviewer hat gegen Ende noch ein paar gesellschaftspolitische Kommentare aus Herrn Eidinger herausgekitzelt. Ich war erstaunt, dass ein erwachsener Mann ein derart naives Weltbild haben kann. Wäre ich ein Fan von Lars Eidinger, würde mich das schon ein wenig irritieren.
Georg: Haha!
Karl: Was gibt’s da zu lachen?
Georg: Nix, ich hab nur grad überlegt, ob es wohl Lars-Eidinger-Fan-Clubs gibt, und wenn ja, was für Leute da mitmachen…
Karl: Oder nimm Morrissey: ständig gibt der irgendwo seine originellen Ansichten zu Protokoll. Seine armen Fans sind damit völlig überfordert, die wissen gar nicht mehr, was sie von ihrem Idol halten sollen.
Georg: Ehrlich gesagt habe ich mit Morrissey- und Smiths-Fans nicht besonders viel Mitleid.
Karl: Ich auch nicht, aber ich kann mich da gut reinfühlen in jemanden, der einerseits Morrisseys Musik liebt und andererseits dessen Meinung etwa zum Thema „Überfremdung“ kennt. Da versuchst du ja dauernd, das irgendwie zur Deckung zu bringen, das rational zu erklären, das auch anderen gegenüber zu rechtfertigen. So was zerreißt einen doch innerlich!
Georg: Ich hab neulich ein Interview mit einem meiner Lieblingsschriftsteller gelesen. Der gibt sonst kaum Interviews, daher war ich natürlich gespannt, was der so zu sagen hat, hatte aber auch Angst, dass er irgendwas ganz Dummes sagen würde. Innerlich zitternd habe ich mich Satz für Satz durch das Interview gearbeitet.
Karl: Und? Hat er was gesagt, was dich abgeturned hat?
Georg: Nein, er hat fast nur kluge Sachen gesagt. Einmal wurde er ganz kurz politisch, aber das war auch alles im Rahmen.
Karl: Na, dann is‘ ja gut! Lust auf ein Schmalzbrot?
Georg: Wenn du auch ein Seidel Bier zum Runterspülen hast, gerne!