Wie’s der Zufall will… (Teil 12)

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Heute: Karl Schmaltz

Die Erfindung des Grieben- bzw. Grammelschmalzes bescherte Karl Schmaltz (geboren 1919 in Schmalkalden) seinerzeit Ruhm und Anerkennung. Die Vorwürfe, er sei Mitte der 50ger Jahre der Strippenzieher des berüchtigten süddeutschen Schmalz-Kartells gewesen, konnten jedoch nie ganz ausgeräumt werden. Berühmte Personen und ihre Schattenseiten, das ist auch das Thema eines Pläuschchens zweier mittelalter Herren (nennen wir sie „Georg“ und „Karl“), die bereits in diesem Beitrag zu Wort kamen.

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Karl (links) und Georg (rechts) beim Diskutieren

Georg: Du, ich habe neulich meine ganzen Michael-Jackson-Platten bei Ebay verscherbelt. Das war ungemein befreiend, wer will schon Musik von einem Pädophilen daheim im Regal rumstehen haben?

Karl: Alter, wie bist du denn unterwegs?! Würdest du auch kein Griebenschmalz mehr essen, nur weil Karl Schmaltz mal in irgendwelche krummen Geschichten verwickelt war?

Georg: Mooooment, es wurde nie bewiesen, dass Karl Schmaltz bei diesem Schmalz-Kartell dabei war. Und selbst wenn: den Markt für ein kulinarisches Nischenprodukt wie Griebenschmalz zu manipulieren ist ja etwas anderes, als sich systematisch an Kindern zu vergehen.

Karl: Und wo verläuft dann bei dir die Grenze? Ab welchem Vergehen verzichtest du auf bzw. trennst du dich von Erzeugnissen eines mutmaßlich schlechten Menschen, um das mal ganz platt zu formulieren? Körperverletzung, Erpressung, schwerer Diebstahl, Mord?

Georg: Gute Frage… Beim Thema „Kunst“ wird ja immer die Frage gestellt, ob man einen Künstler und sein Werk trennen kann. Darauf gibt es meiner Meinung nach keine allgemeingültige Antwort. Das hängt von der Gehirnleistung jedes einzelnen Rezipienten ab. Viele Leute schaffen es vermutlich, beides getrennt zu betrachten. Ich tue mich da schwer. Hätte Michael Jackson z. B. einem Journalisten mit einem Gummi-Dildo eine Beule verpasst, müsste ich, wenn ich einen Michael-Jackson-Song höre, vermutlich immer mit einem Schmunzeln an diese originelle Form der Körperverletzung denken. Der Gummi-Dildo wäre also in meinem Hirn untrennbar mit Michael Jacksons Werk verknüpft. Da er aber eben nicht mit Sexspielzeug geschlagen sondern sich offenbar an Kindern vergangen hat, kann ich kein Michael-Jackson-Lied mehr hören, ohne dass dabei bestimmte unschöne Bilder in meinem Kopf entstehen. Das ist echt abturnend, drum vermeide ich den Kontakt mit seinen Songs.

Karl: Wärst du dafür, dass z. B. im sog. Rundfunk keine Michael-Jackson-Songs mehr gespielt werden?

Georg: Ach, i wo! Generelle Verbote, wie der von dir genannte Rundfunk-Boykott, sind Quatsch. Es sollte jedem selber überlassen bleiben, ob er sich das Lied anhört oder ob er schnell den Sender wechselt. So viel Zutrauen in den Konsumenten sollte man schon haben.

Karl: Soso, die Bürde der kognitiven Dissonanzreduktion bzw. die des Senderwechsels bleibt dann wieder am armen Endverbraucher hängen. Ich finde, Personen des öffentlichen Interesses sollten ganz besonders darauf achten, sich an Recht und Gesetz zu halten. Und wenn sie doch mal dagegen verstoßen, dann sollten sie zumindest dafür Sorge tragen, dass das nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Promis haben ja auch eine Verantwortung ihren Fans gegenüber. Sie sind ja auch Vorbilder!

Georg: Aber Prominente sind ja auch in erster Linie Menschen, und für Menschen gilt das Strafgesetzbuch. Das ist ja u. a. dazu da, Menschen davon abzuhalten, Recht und Gesetz zu brechen.

Karl: Es müssen ja auch nicht unbedingt illegale Dinge sein, die ein Prominenter nicht machen soll. Manchmal sind es ganz legale Handlungen oder Äußerungen, die die interessierte Öffentlichkeit verstören. Das passiert meistens dann, wenn eine berühmte Person ihr natürliches Habitat verlässt.

Georg: Ähm… was?

Karl: Naja, z. B. wenn dein Lieblingssänger auf einmal im Dschungelcamp mitmacht. Oder wenn er ein Interview gibt und was Blödes sagt. Ich hab neulich ein Interview mit dem Schauspieler Lars Eidinger gesehen. Der Interviewer hat gegen Ende noch ein paar gesellschaftspolitische Kommentare aus Herrn Eidinger herausgekitzelt. Ich war erstaunt, dass ein erwachsener Mann ein derart naives Weltbild haben kann. Wäre ich ein Fan von Lars Eidinger, würde mich das schon ein wenig irritieren.

Georg: Haha!

Karl: Was gibt’s da zu lachen?

Georg: Nix, ich hab nur grad überlegt, ob es wohl Lars-Eidinger-Fan-Clubs gibt, und wenn ja, was für Leute da mitmachen…

Karl: Oder nimm Morrissey: ständig gibt der irgendwo seine originellen Ansichten zu Protokoll. Seine armen Fans sind damit völlig überfordert, die wissen gar nicht mehr, was sie von ihrem Idol halten sollen.

Georg: Ehrlich gesagt habe ich mit Morrissey- und Smiths-Fans nicht besonders viel Mitleid.

Karl: Ich auch nicht, aber ich kann mich da gut reinfühlen in jemanden, der einerseits Morrisseys Musik liebt und andererseits dessen Meinung etwa zum Thema „Überfremdung“ kennt. Da versuchst du ja dauernd, das irgendwie zur Deckung zu bringen, das rational zu erklären, das auch anderen gegenüber zu rechtfertigen. So was zerreißt einen doch innerlich!

Georg: Ich hab neulich ein Interview mit einem meiner Lieblingsschriftsteller gelesen. Der gibt sonst kaum Interviews, daher war ich natürlich gespannt, was der so zu sagen hat, hatte aber auch Angst, dass er irgendwas ganz Dummes sagen würde. Innerlich zitternd habe ich mich Satz für Satz durch das Interview gearbeitet.

Karl: Und? Hat er was gesagt, was dich abgeturned hat?

Georg: Nein, er hat fast nur kluge Sachen gesagt. Einmal wurde er ganz kurz politisch, aber das war auch alles im Rahmen.

Karl: Na, dann is‘ ja gut! Lust auf ein Schmalzbrot?

Georg: Wenn du auch ein Seidel Bier zum Runterspülen hast, gerne!

Wie’s der Zufall will… (Teil 11)

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Heute: Tommy Taylor

Die Fab Four (v. l. n. r.): And.Ypsilon, Thomas D, Smudo, Michi Beck

Ein jeder, der in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts geboren ward, kann vermutlich ohne lange nachzudenken die Namen der sog. „Fab Four“ (siehe linkes Bild) herunterrasseln. Und vielen, die mit offenen Augen und Ohren die Geschichte der Populärmusik verfolgen, werden auch die Namen derjenigen, die die Karriere der Beatles begleitet und maßgeblich geprägt haben, ein Begriff sein. Auf Wikipedia gibt es eine ausführliche Liste von Leuten, die als „fünfter Beatle“ bezeichnet wurden bzw. werden, darunter befinden sich so schillernde Gestalten wie Brian Epstein, George Martin oder Klaus Voormann. Dass auch Yoko Ono den Beinamen „Fünfter Beatle“ verpasst bekam, war mir übrigens neu. Ich dachte bislang immer, sie sei lediglich als „Der Sargnagel der Beatles“ bzw. als „Lennons dumme Schlampe“ bekannt gewesen. Tjä…

Kaum jemand kennt jedoch Tommy Taylor, „den sechsten Beatle“. Taylor wurde am 28. August 1946 in Liverpool geboren. Nach seinem Schulabschluss hielt er sich zunächst mit kleinen Gaunereien über Wasser. Ab Anfang der 60ger Jahre hatte er engen Kontakt zu vielen Musikgruppen in seiner Heimatstadt, und natürlich machte er auch Bekanntschaft mit den Beatles. Schon bald entwickelte er sich zum Ober-Fan und Maskottchen der Band. Bei jedem Konzert war er in Reihe 1 anzutreffen und sorgte dort mit trockenen Zwischenrufen („Play ‚(I can’t get no) Satisfaction‘, you scumbags!“) für Heiterkeit, kümmerte sich mit gut gezielten Kinnhaken um übermotivierte männliche Zuschauer und war stets zur Stelle, wenn es darum ging, Groupies, die keinen der fabulösen Vier abbekommen hatten, auf seine unnachahmliche Tommy-Taylor-Art zu trösten. Er begleitete die Beatles später auch auf ihrer Selbstfindungs-Reise nach Indien, von der er jedoch nie wieder zurückgekehrt ist. Gerüchten zufolge haben die Beatles den „schwer vom Missbrauch bewusstseinserweiternder Drogen gezeichneten“ Taylor absichtlich dort „vergessen“, nachdem er Ringos Ehefrau mehrfach an den Hintern gegrapscht hatte. Eine Expedition im Jahre 1995, deren Ziel es war, Taylor in Indien ausfindig zu machen, kehrte ohne Resultat zurück. 1997 wurde er offiziell für tot erklärt. Taylor hinterließ eine gut sortierte Sammlung an intimdurchblutungsfördernden Magazinen und ein unaufgeräumtes Ein-Zimmer-Appartement.

Wie’s der Zufall will… (Teil 10)

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Heute: Kigoshi Yasutsuna

Erdbeerschorsch (EBS): Yasutsuna-san, ich freue mich sehr, dass dieses Interview zustandegekommen ist!
Kigoshi Yasutsuna (KY): Die Freude ist ganz auf meiner Seite!
EBS: Lassen sie uns gleich „in medias res“ gehen: Sie sind ja der Erfinder des [hüstelt] „Mädchenschlüpfer-Automaten“. Wie lautet eigentlich die korrekte Bezeichnung für diese Automaten, aus denen man sich in Plastiktüten eingeschweißte von Schulmädchen getragene Slips ziehen kann?
KY: Ich darf sie korrigieren, werter Herr Erdbeerschorsch: bei diesen Automaten, aus denen man sich bereits getragene Schlüpfer ziehen kann, handelt es sich um den klassischen Fall einer sog. „urban legend“.
EBS: Ach was…
KY: Jawohl! In den 90ger Jahren wollten ein paar ganz Gewiefte mit solchen Automaten Geld verdienen. Das wurde aber schnell verboten. Es gibt in Japan zwar Unterwäsche-Automaten, diese enthalten aber ausschließlich neue, ungetragene Schlüpfer.
EBS: Und sie sind der Erfinder dieser Automaten, richtig?
KY: Ja-hein, ich habe die Automaten mit den langen Männerunterhosen… langen UNgetragenen Männerunterhosen – ich möchte das nur nochmals unterstreichen – erfunden.
EBS: Oha, da muss ich mich für meine unzureichende Vorbereitung auf unser Gespräch aus tiefstem Herzen entschuldigen! Gibt es denn eine große Nachfrage in Japan nach langen Männerunterhosen?
KY: Sagen wir es so: die Winter in Japan können einsam und eisig sein. Wie aber kann sich ein Mann ideal gegen die Kälte schützen?
EBS: [eilfertig] Mit langen Unterhosen?
KY: Exakt! Ich schätze aufmerksame Zuhörer, Erdbeerschorsch-san. Die langen Unterhosen wärmen die Beine und beugen somit auch einer Auskühlung des gesamten restlichen Körpers vor. Leider ist die Nachfrage nach langen Unterhosen in den letzten 10 bis 15 Jahren kontinuierlich gesunken…
EBS: Jaja…, der Klimawandel…
KY: [lacht] Neinnein, der Klimawandel ist in diesem Fall ausnahmsweise einmal nicht schuld. Schuld ist die Demografie. Die Alten, die die wärmenden Eigenschaften der langen Unterhosen und die Vorteile der unkomplizierten Beschaffung via Unterhosen-Automat zu schätzen wissen, sterben alle weg. Die Jungen [schüttelt nachdenklich den Kopf] kaufen ihre Unterhosen in Geschäften. Und sie legen Wert darauf, dass die Unterhosen kurz sind. Kurz und aus hauchdünnem, nicht auftragendem Stoff geschneidert. Kurz, hauchdünn und so geschnitten, dass die Bug- und Heckpartie der von der Unterhose verhüllten Körpermitte in ein möglichst vorteilhaftes Licht gerückt wird.
EBS: Stimmt, die Männer haben, was „Reizwäsche“ anbelangt, in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den Damen ganz schön aufgeholt.
KY: Die Männer, insbesondere die Alleinstehenden, haben regelrechte Panik vor folgender Situation: sie lernen des Abends eine Dame kennen. Man kommt sich näher. Die Dame nimmt den Herren noch auf „ein Gläschen“ mit hoch auf ihre Kemenate. Die Frau signalisiert Interesse, Betätigungen nachzugehen, bei denen Textilien eher hinderlich sind. Der Mann jedoch ist – seiner Meinung nach – unten herum nicht standesgemäß gekleidet, weil er z. B. lange Unterhosen trägt. Vor Scham muss er den Abend nun vollbekleidet und unter Vorschiebung haarsträubender Ausreden „unverrichteter Dinge“ ausklingen lassen. Und um so einer Peinlichkeit vorzubeugen, tragen die Männer heutzutage IMMER eine dieser aufreizenden Schlüpfer, sogar im tiefsten Winter.
EBS: Nun ja, die Situation, die sie eben beschrieben haben, ist ja auch durchaus unangenehm.
KY: Mein Sohn, glauben sie, eine Frau verlässt schreiend das Schlafgemach, nur weil sie beim Entblättern des Mannes auf lange Unterhosen stößt? Ich denke, einer Frau ist es relativ egal, wie die Unterhosen eines Mannes aussehen, Hauptsache, sie sind sauber.
EBS: Wie erklären sie es dann, dass z. B. bei den „Chippendales“ Stadthallenladungen von Frauen vor Entzücken kreischen, wenn sich die Herren auf der Bühne bis auf einen winzigen Stringtanga entkleiden?
KY: Frauen kreischen halt ab und zu mal ganz gern. Sehen sie, ich bin ein alter Mann, aber meine Lebenserfahrung sagt mir, dass es nicht der Stringtanga ist, den die Frauen bekreischen. Sie kreischen, weil sie sich freuen, dass sich da Männer für sie zum Affen machen. Und sie kreischen, weil sie gucken dürfen und keiner von ihnen erwartet, dass sie – abgesehen vom Eintrittsgeld – dafür irgendeine Gegenleistung erbringen. In der Konstellation „1 Mann, 1 Frau, 1 abgeschlossener Raum“ würden die meisten Frauen wohl eher verstört reagieren, wenn ihr Gegenüber anfinge, sich bemüht erotisch zu entkleiden. Nennen sie mich unromantisch, Erdbeerschorsch-san, aber ein strippender Mann ist IMMER unfreiwillig komisch.
EBS: Können wir uns evtl. darauf einigen, dass die Damen genauso kreischen würden, wenn die Chippendales lange Unterhosen trügen?
KY: [lächelt milde] Das Gekreische wäre mit Sicherheit in seiner Intensität nicht vom üblichen Chippendales-Gekreische zu unterscheiden. Vorausgesetzt natürlich, die langen Unterhosen sind sauber!
EBS: Noch eine abschließende Frage: sind sie eigentlich mit Yamataka Eye, dem ähem… „Sänger“ der Band „Boredoms“ verwandt?
KY: Nicht dass ich wüsste. Wenn man es genauer betrachtet, wird er ganz anders ausgesprochen. Und wenn man es ganz genau betrachtet, wird er sogar ganz anders geschrieben.
EBS: Da haben sie natürlich auch wieder recht. Vielen Dank für dieses Interview, Yasutsuna-san!
KY: Gern geschehen!

Wie’s der Zufall will… (Teil 9)

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Heute: Naturschutzgebiet Ostpeene

Neulich fiel mir in der Eisenbahn ein Zettel in die Hände. Bei diesem handelte es sich offenbar um das Manuskript einer Rede. Darauf stand folgendes zu lesen:

Liebe Mitglieder des Fördervereins „Naturschutzgebiet Ostpeene“, sehr geehrter stellvertretender Landrat Michelsen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, sie zu unserer Jahresabschlussfeier begrüßen zu dürfen. Ich möchte den Anlass nutzen, um ein wenig über den – wie sagt man so schön – „Tellerrand“ unseres schönen Naturschutzgebietes hinauszuschauen und ein Thema aufgreifen, das uns alle, wie wir hier sitzen, in irgendeiner Art und Weise tangiert: Die Weltbeschreibung. Ich darf nachfolgend aus Ludwig Wittgensteins „Tractatus logico-philosophicus“ zitieren:

„Die Newtonsche Mechanik z. B. bringt die Weltbeschreibung auf eine einheitliche Form. Denken wir uns eine weiße Fläche, auf der unregelmäßige schwarze Flecken wären. Wir sagen nun: Was für ein Bild immer hierdurch entsteht, immer kann ich seiner Beschreibung beliebig nahe kommen, indem ich die Fläche mit einem entsprechend feinen quadratischen Netzwerk bedecke und nun von jedem Quadrat sage, dass es weiß oder schwarz ist. Ich werde auf diese Weise die Beschreibung der Fläche auf eine einheitliche Form gebracht haben. Diese Form ist beliebig, denn ich hätte mit dem gleichen Erfolge ein Netz aus dreieckigen oder sechseckigen Maschen verwenden können. Es kann sein, dass die Beschreibung mit Hilfe eines Dreiecks-Netzes einfacher geworden wäre; das heißt, dass wir die Fläche mit einem gröberen Dreiecks-Netz genauer beschreiben könnten als mit einem feineren quadratischen (oder umgekehrt) usw. Den verschiedenen Netzen entsprechen verschiedene Systeme der Weltbeschreibung. Die Mechanik bestimmt eine Form der Weltbeschreibung, indem sie sagt: Alle Sätze der Weltbeschreibung müssen aus einer Anzahl gegebener Sätze – den mechanischen Axiomen – auf eine gegebene Art und Weise erhalten werden. Hierdurch liefert sie die Bausteine zum Bau des wissenschaftlichen Gebäudes und sagt: Welches Gebäude immer du aufführen willst, jedes musst du irgendwie mit diesen und nur diesen Bausteinen zusammenbringen.

Und nun sehen wir die gegenseitige Stellung von Logik und Mechanik. Dass sich ein Bild, wie das vorhin erwähnte, durch ein Netz von gegebener Form beschreiben lässt, sagt über das Bild nichts aus. Das aber charakterisiert das Bild, dass es sich durch ein bestimmtes Netz von bestimmter Feinheit vollständig beschreiben lässt. So auch sagt es nichts über die Welt aus, dass sie sich durch die Newtonsche Mechanik beschreiben lässt; wohl aber, dass sie sich so durch jene beschreiben lässt, wie dies eben der Fall ist. Auch das sagt etwas über die Welt, dass sie sich durch die eine Mechanik einfacher beschreiben lässt als durch die andere.

Die Mechanik ist ein Versuch, alle wahren Sätze, die wir zur Weltbeschreibung brauchen, nach Einem Plane zu konstruieren.“

Hier endet das Zitat und hiermit möchte ich auch meine Rede beenden. Frau Paulsen – da hinten steht sie und winkt – hat sich wie immer in punkto Verpflegung voll ins Zeug gelegt und verwöhnt uns heute mit leckeren Fischbrötchen und alkoholischen und antialkoholischen Getränken aller Art. Ich wünsche ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, einen guten Appetit und unserer kleinen Veranstaltung noch einen guten Verlauf. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

Wie’s der Zufall will… (Teil 8)

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Heute: Joffrey Lauvergne

Das hat man nun also davon, wenn man seinen gewohnten und bewährten Veröffentlichungs-Rhythmus von derzeit „Ein Beitrag pro Woche“ unterbricht, weil man meint, sich zu tagesaktuellen Themen äußern zu müssen. Seither ist der Flow dahin, es will einfach nicht mehr flutschen. So ähnlich ergeht es wohl auch dem Hochspringer, der sich einbildet, während des Anlaufs mal schnell einen zusätzlichen Zwischenschritt machen zu müssen: er kommt aus dem Tritt, gerät schlimmstenfalls ins Straucheln und segelt unweigerlich unter der Latte durch. Der Mensch (und insbesondere ich) braucht halt seine Rituale, seine vertrauten Abläufe, im reiferen Alter macht der Gehirnstoffwechsel derlei spontane Abenteuer einfach nicht mehr mit.

Während ich also auf der Suche nach meiner „alten Form“ (hüstel!) bin, freue ich mich, Ihnen in der Zwischenzeit Joffrey Lauvergne, den gestreng dreinblickenden adipösen Flamingo-Erpel mit den viel zu kurzen Beinen, vorstellen zu dürfen. Eigentlich heißt er ja Rick Fandango, aber seine Flamingo-Kumpels nennen ihn „Joffrey Lauvergne“, weil das angeblich besser zu ihm passt. Naja, egal, Vögel halt! Dem, was das possierliche Tierchen zum internationalen Wort des Jahres zu sagen hat, ist meiner beschissenen bescheidenen Meinung nach nichts mehr hinzuzufügen.

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Wie’s der Zufall will… (Teil 7)

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Heute: Wunschbrunnen

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Zum Zwecke des Wünschens Münzen in Brunnen zu werfen, für derlei Kokolores haben Menschen mit einem Faible für Sachlichkeit sowie notorische Geizhälse aber so rein gar nichts übrig, für sie ist das lediglich Zeit- und Geldverschwendung. „Da kann ich ja gleich Lotto spielen“ rufen die einen, „Vom Renditestandpunkt aus unbefriedigend“ krakeelen die anderen, „Es gibt kein Bier auf Hawaii“ wiederum singen die ganz Orthodoxen. Dabei steckt hinter der Institution des Wunschbrunnens alles andere als Aberglaube. Aber lesen Sie bitte selbst die (gerade selbst erdachte) Entwicklungsgeschichte dieses seltsamen Brauches.

In der „guten alten Zeit“, als es in den Wohnhäusern noch keine Steckdosen und Wasserhähne gab, nutze das einfache Volk die Brunnen der Stadt u. a. auch zum Zwecke der Körperreinigung. Das war zwar sehr praktisch, in puncto Hygiene jedoch relativ problematisch. Im Trevi-Brunnen zu Rom (siehe Bild oben) kam es beispielsweise anno 1782 zu einer erheblichen Kontamination durch Fußkäse. Nur drei Jahre später grassierte in der Stadt eine Fußpilz-Epidemie von bis zum damaligen Zeitpunkt ungeahntem Ausmaß, als Ansteckungsherd machten Fußpilz-Fachleute schnell den Trevi-Brunnen aus.

Der gewitzte römische Kämmerer Luigi Di Luigio ordnete daraufhin an, dass jeder, der den Brunnen zu Reinigungszwecken nutzen wollte, eine Münze in den Brunnen zu werfen habe, da die bei der Münzprägung bevorzugt verwendeten Metalle Kupfer und Messing in Verbindung mit dem Brunnenwasser eine antibakterielle Wirkung entfalten würden. Das Volk, das seinerzeit Di Luigios frech erstunkene und erlogene Münz-Geschichte natürlich nicht via Internetz fakten-checken konnte, tat, wie ihm geheißen und warf eifrig die hart verdienten Sesterzen in den Brunnen, von wo sie nächtens von wasserfesten Angestellten der Stadt geborgen und in den Stadtsäckel expediert wurden. Viele anderen Städte folgten Roms Beispiel und führten solche versteckten Brunnen-Nutzungsgebühren ein.

Wie’s der Zufall will… (Teil 6)

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Heute: Costus pulverulentus

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Wer das große Latinum hat, hat’s gut! Derart gerüstet kann man Begriffe wie „Costus pulverulentus“ nämlich einfach übersetzen und ist somit allen Nicht-Lateinkundigen immer um eine Nasenlänge („longitudo nasalis“) voraus. Soweit die Theorie. In praxi sieht die Sache allerdings ganz anders aus, zumindest in meinem Fall: ich habe zwar einerseits das große Latinum (da staunen Sie, gell?), andererseits aber null Ahnung, was „Costus pulverulentus“ sein könnte. Da klingelt bei mir gar nix. Weder bei „Costus“ und schon gleich zweimal nicht bei „pulverulentus“. Für mich klingt das lediglich wie der Name eines mazedonischen bzw. litauischen Entertainers.

Und überhaupt: ich kann heute von den damals erworbenen Lateinkenntnissen nur noch sehr wenig abrufen. Der Wortschatz, die Grammatik und was sonst noch so dazugehört, das muss irgendwie von später erworbenem Wissen zugeschüttet worden sein. Da ich jedoch beim Latein-Lernen nie einen übermäßigen Aufwand betrieben habe, bereitet mir diese Tatsache auch keine schlaflosen Nächte, ich verbuche das einfach unter „natürlicher Schwund“. Und ist es nicht ohnehin so, dass Sprachkenntnisse automatisch verkümmern, wenn man die entsprechende Sprache nicht regelmäßig spricht?

Damals, als ich noch die Schule besucht habe (also vor gefühlt 50 Jahren), musste man sich in der 7. Klasse zwischen Französisch und Latein als zweiter Fremdsprache entscheiden. Es wurden Informationsabende veranstaltet, auf denen Vertreter beider Fachschaften Werbung für „ihre Sprache“ machen durften. Die wichtigsten Argumente pro Latein waren etwa, dass es eine gute Grundlage für das Erlernen anderer moderner Fremdsprachen, besonders romanischer Sprachen sei und dass es ein systematischeres Grammatikverständnis fördere. Die Französisch-Propagandisten betonten, dass, wer des Französischen mächtig sei, sich nicht nur in Frankreich sondern auch in vielen anderen Ländern verständigen könne, wohingegen Latein lediglich eine „Denksprache“ bzw. eine tote Sprache sei. Nun ja, letztlich habe ich mich dann für Latein entschieden, weil sich auch meine Lieblingsmitschüler dafür entschieden hatten.

Es kommt ab und zu vor, dass ich von Eltern, deren Kinder akut vor der Wahl „Latein vs. Französisch“ stehen, um meinen fachmännischen Rat gebeten werde („Du warst doch auch auf der Oberschul“). Ich zucke dann entweder ratlos mit den Schultern oder zeige auf irgendwas, was sich hinter dem Fragenden befindet, sage „Da schau her, ein Schabrackentapir!“ und renne, wenn sich jener umdreht, so schnell mich meine Beinchen tragen davon, um keine Antwort geben zu müssen. Was will man da auch antworten? Wäre mein Leben anders verlaufen, wenn ich seinerzeit Französisch gewählt hätte? Gäbe es mich, wenn sich meine Mutter und mein Vater nicht begegnet wären? Wie viele Straßen muss ein Mann hinunter gehen, bevor man ihn einen Mann nennen kann? Wie sagte schon der Literatur-Nobelpreisträger Robert „Dylan“ Zimmerman sinngemäß: „The answer, my dear Erdbeerschorschvisitor, is blowin‘ in the wind“.